Von Trafoi nach Ponte di Legno

Nach zehn Stunden habe ich es geschafft und bin in Ponte di Legno nach nur 82 km und 2636 Höhenmeter angekommen. Mit Gepäck eine ziemliche Anstrengung.

Im Hotel Tannenheim habe ich hervorragend geschlafen, das Frühstück war gut aber man merkt, dass man langsam nach Italien kommt. Die Straße geht steil los und am Anfang komme ich überhaupt nicht in einen Rhythmus. Ich werde ständig überholt aber es gibt ein paar wenige, die auch nicht schneller sind. Ich muss über mein Gepäckkonzept nachdenken. Ab Berghotel Franzenshöhe komme ich dann langsam in einen Rhytmus, fahre aber sehr langsam und nach 44 Kehren habe ich dann tatsächlich das Stilfser Joch erreicht. Oben ist Jahrmarktstimmung mit Würstelbuden und Kiosken, hunderte Autos und noch mehr Motorradfahrer. Dementsprechend war der Verkehr auf den letzten Kilometern. Die engen Kehren führen dazu, dass Autos, Wohnmobile, Busse in der Innenseite auf die Gegenfahrbahn kommen, was natürlich erhebliches Gefährdungspotential bietet, zumal insbesondere einige Motorradfahrer risikomaximierend agieren.

Oben gibt es dann eine Wurst. Ich habe die Kühle unterschätzt und bekomme klamme Finger, was in der Abfahrt beim Bremsen eine erhebliche Beeinträchtigung darstellt. Es geht sensationelle Serpentinen von 2700 Meter auf 1200 Meter nach Bormio herab. Dort mache ich eine kleine Rast, fülle die Wasserflaschen und wage mich an den nächsten Pass.

Die Auffahrt zum Passo Gavia auf gut 2600 Meter gestaltet sich anfänglich wenig spektakulär. Es ist noch relativ viel Verkehr und die Straßen sind breit. Ab Santa Caterina im Valfurva, einem kleinen Skiort, der auch im Sommer einen angenehmen Eindruck macht, wird die Straße dann serpentinenreicher. Auf der Gegenseite des Tals gibt es riesige Wasserfälle, den ganzen Berg entlang. Leider ist die Steigung sehr unterschiedlich. Es geht mal etwas flacher und dann wieder steiler auf bis zu 12 Prozent. Langsam komme ich an meine Kraftgrenzen.

Kurz nach 17h habe ich endlich den Pass erreicht und wärme mich in der Bar erst einmal auf, trinke einen Tee und esse ein Snickers dazu. Dann ziehe ich alles an, was die Regenklamotten so hergeben. Es ist wolkig und ab und zu sprühen ein paar Tropfen aber im Großen und Ganzen hält es. Nur wollte ich diesmal für die steile Abfahrt über 17 km mit 1400 Höhenmeter gerüstet sein. Solche Serpentinen habe ich noch nie erlebt, so steil, dann ein fast vollständig dunkler Tunnel und dann wird die Straße immer schmaler. Volle Konzentration bzgl. der Fahrtlinie ist erforderlich. Die Straße ist so eng, das zwei Autos nicht aneinander vorbei kommen. Zwei Autos, die versucht haben aneinander vorbei zu kommen, habe ich passiert. Man ist also gut beraten in den nicht einsehbaren Kurven so langsam zu sein, dass man ganz rechts ist, um nicht auf einmal einem Auto oder Motorrad gegenüber zu stehen.

Ponte di Legno ist ein attraktives Örtchen. Hier fühlt man sich nun richtig in Italien, alle sind Richtung Dorfplatz unterwegs. Das Hotel Sorriso ist ok, hat zwar vier Sterne aber kommt an keines der Hotels dran, in denen ich auf dieser Reise bisher war. In der Fußgängerzone gibt es alle Arten von Gastronomie und der Empfehlung des Hotels folgend bekomme ich eine gute Pizza.Bei italienischem Programm im Fernsehen überlege ob ich morgen mal kürzer trete und keine Gewalttour mache.

Nachdem Debakel bzw. der schwierigen Fahrt über die Silvretta Hochalpenstraße hatte ich bzgl. der letzten beiden Etappen Schlimmstes befürchtet. Aber jetzt habe ich sie doch beide geschafft.

Von Ischgl nach Trafoi

Wieder um kurz nach 8h nach reichhaltigem und guten Frühstück im Hotel Martina ging es bei strahlendem Sonnenschein und kühlen 12 Grad los. 126 km und 1750 Höhenmeter sollten es werden. Landeck habe ich mit einen erfreulichen 32 Schnitt erreicht. Es ging fast nur bergab, die Tunnel waren meistens gesperrt oder konnten umfahren werden nur durch die lange Galerie musste ich durch, was kein großes Problem war, da ich die erlaubten 60km/h gerade erreicht habe.
In Landeck bin ich zum Reschenpass erst auf der Straße, dann weitgehend auf schönen Radwegen.

Der Inn ist schon beeindruckend groß und schnell. Es geht langsam bergan und kurz vorm Reschenpass erreiche ich Martina in der Schweiz von wo es von 1030 Meter zur Norbertshöhe auf 1400 geht. Die Stippvisite in der Schweiz war sehr kurz. Ich bin eingereist, nach 50 Meter musste ich abbiegen und nach weiteren 200 Meter war schon wieder Österreich erreicht.

In 10 Kehren ging es dann hoch auf die 1400 und dan gleich wieder steil runter nach Nauders. Von dort führte die alte Straße als Radweg bis zur Grenze. Einzige Wermutstropfen: starker Gegenwind die ganze Strecke und die Radwege sind leider nicht so platt wie die Autostraße, was immer wieder zu kleinen giftigen Anstiegen führt. Kurz vor der Höhe, schon in Italien habe ich mir im Restaurant Irene eine Portion Nudeln gegönnt. Dann ging es weiter, wie gesagt mit heftigem Gegenwind, bis zur Passhöhe und dann auch schon zum Stausee am Reschenpass.

Auf der Gegenseite des Reschensees ist ein schöner neuer Weg für Fußgänger und Radfahrer eingerichtet, mit tollem Panorama auf den Kirchturm, der noch aus dem Wasser schaut. Nach dem ersten See gehe ich dann aber auf die Straße, denn es wird zu verwinkelt und das ständige Auf und Ab bremst ganz schön. Insbesondere ab dem Punkt wo die Straße endlich steiler abfällt und damit der Wind seine Wirkung einbüßt kommt man nur auf der Hauptstraße zügig voran und ich kann halbwegs mithalten im Verkehr.

In Mals geht es Richtung Glurns ab, ein kleiner touristischer Ort mit altem Kern und vielen alten Gebäuden, Kirchen, Befestigungsanlagen. Endlich bei Prad, wo ich mir noch eine kleine Pause gönne, geht es Richtung Stilfser Joch nach Trafoi auf knapp 1500 Meter, wobei Prad wieder auf gut 900 Meter liegt. Davor, nach 116 km noch 600 Meter steigen zu müssen, habe ich mich schon ein bisschen gefürchtet. Und in der Tat quäle ich mich mit letzter Kraft hoch.

Die Schönheit des Tals der mit dem reißendem Suldenbach, grünen Bergen und pittoresken Häusern zu genießen fällt mir ob der Anstrengung nicht ganz so leicht. Ein paar Mal denke ich, ob ich mir nicht zuviel vorgenommen habe, denke an die Firma und bilde ein paar Assoziationen.

Und so bin ich froh das Hotel Tannenheim zu erreichen, modern und gut eingerichtet, tolles Zimmer. Das Erscheinungsbild ist auf den ersten Blick ein liebloser Betonblock. Später kam ich mit der Wirtin ins Gespräch und sie hat mir erzählt wie schwierig der Neuaufbau war. Das 100 jährige Hotel musste abgerissen werden, da der Berg schob, trotz komplexer Absicherungsprojekte (Mauer mit 30 Meter Fundament). Nach mehreren Bauplänen und Ortsvorschlägen (mal Lawinengebiet etc.) kam man dann an diesen Ort kurz vor Trafoi und hat diesen Neubau aus Beton mit Steinen aus dem Bach, mit Holz aus den Wäldern gebaut und damit ein ganz neues Konzept geschaffen. Trafoi hat 76 Einwohner, mittlerweile auch ein paar Junge, weil die Älteren (98 und 101) langsam wegsterben (die Hebamme könne man hier nicht mehr zur Verantwortung ziehen). Alles in allem ein sehr schönes Konzept mit sehr netten Gastgebern und Essen in sehr guter Qualität.

Die Sauna, habe ich diesmal auch besucht, und das Abendessen (Halbpension) bestand aus fünf sehr guten Gängen am Abend. Jetzt regnet es. Mal sehen was der Tag morgen bringt. Angesichts der zwei hohen Pässe habe ich ein paar Bedenken.