Von Banyuls-sur-Mer nach Figueres

Mein erster Blick aus dem Fenster fällt auf düstere Wolken über der Bucht. Eigentlich wollte ich noch einen Ort direkt an der Küste der Costa Brava ansteuern aber entweder waren die Bewertungen der verfügbaren Unterkünfte so schlecht oder die Preise haben sich in eine Richtung bewegt wo ich keine Lust mehr drauf hatte. Dann eben der direkte Weg; aber direkt nach Girona heißt dort drei Nächte verbringen, das scheint mir zu lang und so lege ich einen Zwischenstopp in Figueres ein. Einmal waren wir da schon um das Dali-Museum zu sehen. Das kann kann man sich aber auch ein zweites Mal anschauen. Am Abend finde ich überraschend über Airbnb ein sehr gelobtes Appartement direkt in der Altstadt, ein paar Meter zum Museum und das kann ich auch kurzfristig buchen. Beim Checkin lässt der Vermieter sich auf 14h ein.

Ich kann es ganz gemächlich angehen lassen. Frühstücken und ein bisschen lesen. Die Dame, die mir gestern das Handtuch geliehen hat, entpuppt sich beim auschecken als in Deutschland aufgewachsen und kann auch perfekt deutsch. Mein Fahrrad war sicher in der Garage und kurz vor 11h komme ich los. Die Strecke geht nun nicht mehr an die Küste sondern direkt zum berüchtigten Col de Banyuls. Davor suche ich aber noch das Museum Maillol, das in 4 km auch in dieser Richtung liegt. Als erstes kommt ein riesiger Kiesparkplatz mit einem Auto. Dann zwei Schilder: 300 Meter Fußweg auf der Schotterstrecke oder rechts auf einer sehr kleinen Teerstraße. Ich entscheide mich für rechts und fahre durch karge Weinberge und karge Landschaft und dann kommt wieder ein kleiner Parkplatz mit noch einem Auto. Ich sehe den Eingang gar nicht, fahre vorbei und erst beim umkehren sehe ich ein Schild. Da draußen ist das Meisterwerk einer sitzenden Frau zu sehen, wo er in seinem Anwesen begraben wurde. Innen ist man für die 7€ schnell durch. In der Zusatzausstellung mit äußerst verstörenden Bildern von Mykola Tolmachev halte ich mich nicht lange auf.

Auf der Hauptstrecke geht es mit sanften 4% nach oben, was dazu führt, das die durchschnittliche Reststeigung stetig steigt. Nachdem sie bei 10% angelangt ist, wird es steil und teilweise richtig steil bis auf 16% über 1,5 km, bis es dann wieder auf die 10% zurückkehrt. Oben kommt gerade eine Motorradgang an und ein paar Familien haben den trüben Tag für einen Ausflug genutzt. Es gibt hier das Denkmal von de Gaulle errichtet um den Kämpfern für das Gute eine Erinnerung zu schaffen. Bis da oben war es 11 km zuzüglich der 3 zum Museum. Während ich da oben für die Anstrengung mit nur bescheidenen trüben Blicken zum Meer belohnt werde, grummelt es in der Ferne.

Bis zum spanischen Espolla geht es meist bergab. Die Grenze verläuft da auf der Kuppe. Kurze Zwischenanstiege sind dabei. Dort angekommen donnert es aus den dunklen Wolken erheblich. Als die ersten Tropfen kommen schaffe ich es noch unter einen Baum und zieh mir dann doch für die verbleibenden 22 km nach Figueres meine Regenmontur an. Zuerst in Starkregen, der nimmt aber sukzessive ab und in Figueres scheint die Sonne. Fast pünktlich komme ich um 14:05 am Ziel vor dem Appartement an. Mein Rad findet Platz in einem nicht vermieteten Appartement im Erdgeschoss. Meins liegt im zweiten Stock und der Vermieter erklärt mir alles. Super sauber ist das hier, modernste Geräte und Einrichtung. Das Einzige, was die Perfektion stört, ist mein ziemlich schmutziges Erscheinungsbild in den vollgespritzten Regenklamotten.

Punkt 14:57h stehe ich geduscht und umgezogen vor der Kasse und um 15:02 halte ich mein Ticket in der Hand, pünktlich für den 15h Slot. Trotzdem sind eine ganze Menge Leute da und es ist schon eine Fülle von Sachen, die da zu sehen sind, so dass es nur zum Teil auch aufgenommen werden kann. Danach schlendere ich durch die Altstadt.

Dabei komme ich am Erkennungsbild von Figueres, dem Rathaus, einem verzierten Stadthaus und Dalis Geburtshaus vorbei. Es gibt café con leche und Käsekuchen mit Matcha. Dann hole ich mir ein Bier und eine Limo im Supermarkt um im perfekten WLAN dies hier zu schreiben und parallel Schweiz gegen Italien auf spanisch zu folgen bevor ich auf Restaurantsuche gehe.

39,5 km bin ich heute gefahren und Höhenmeter waren es 536.

In Banyuls-sur-Mer

Für heute habe ich mir einen ganzen Tag ohne Radfahren vorgenommen, obwohl es mich schon wieder ein bisschen zum Coll de Banyuls lockt. Der Tag beginnt mit einem exzellenten Frühstücksbuffet. An der Rezeption bekomme ich ein Handtuch für den Strand geliehen und mach mir als erstes ein Bild vom Ort, in dem ich kreuz und quer durch ihn durchlaufe. Als erstes laufe ich am Hafen entlang. Man kann hier Jetskis leihen. Es ist aber niemand da, den man fragen könnte. Außerdem gibt es mehrere Tauchschulen.

Große Maschinen fahren über den Strand um den einen Teil der Promenade zu renovieren und im hinteren Teil des Ortes finde ich einen schönen Olivenbaum.

An der Kirche, die ebenfalls im hinteren Teil des Ortes liegt, laufe ich erst einmal glatt vorbei. Sie ist weniger beeindruckend als ihr Bild gegenüber und die Beschreibung dazu.

Was ich heute hier auch lerne: Banyuls-sur-Mer ist die Endstation des Wanderweges GR10, über den man die Pyrenäen vom Atlantik bis zum Mittelmeer zu Fuß überqueren kann. Heute ist baden im Mittelmeer geplant und während ich mich trocknend auf dem Kiesstrand sitze, kommen drei Wanderer gerade vom GR10. Der Vater des einen ist wohl extra gekommen um sie zu begrüßen, es werden Fotos gemacht und zwei stürzen sich mit Hemd und Hose ins Wasser.

Sonst ist nicht viel los. Einige Kraulschwimmer ziehen langsam ihre Bahnen durch die Bucht und einige sehr weiße Körper werden rot. Das Wasser ist eigentlich angenehm, gute Abkühlung und man kann gut schwimmen. Es ist wieder weit jenseits der 30 Grad.

Weiter habe ich heute gelernt, dass die Skulpturen der nackten Frauenkörper auf der Promenade alle von Aristide Joseph Bonaventure Jean Maillol geschaffen worden sind, der hier 1861 geboren wurde und 1944 hier starb.

Außerdem ist interessant, dass hier Lisa Fittko geb. Ekstein mit ihrem Mann Hans lebte und mit Unterstützung des Bürgermeisters, der ihnen falsche Papiere ausstellte, maßgeblich beitrug um vielen Menschen, die vor Nazis flohen, über die Pyrenäenpässe in der Nähe nach Spanien zur Flucht zu verhelfen.

Bei dieser Erkundung habe ich 6 km spaziert und etw 50 Höhenmeter erklettert, von denen die meisten von den 125 Stufen zum Hotel hoch rühren. Ein paar werden wohl wieder dazu kommen, wenn ich mich heute Abend wieder nach unten zum Abendessen begebe.

Von Prades nach Banyuls-sur-Mer

Nachdem ich mir gestern in der Stadt noch die Beine vertreten habe, ein Pizza gegessen und das Debakel der Portugiesen gegen Georgien in einem Pub beobachtet habe, konnte ich ganz gut schlafen. Heute war Frühstück um 8h angesagt. Gestern hatt die Chefin gefragt ob eher salzig oder süß und was ich trinken möchte. So war sie bestens vorbereitet und hat mir einen Schinken-Käse-Toast und einen Toast mit verschiedenen Käsearten, Tomaten, Oliven, Avocado gemacht. Dazu gab es Pudding, Obstsalat und zwei kleine Croissants, eins mit Schokolade. Das ganze serviert auf einer einzigartigen Terasse. Viel besser geht es nicht. Mit mir gemeinsam frühstückte ein weiterer Deutscher aus Remagen. Er ist drei Wochen unterwegs und will dabei 8000 km schaffen. Er hat eine riesige BMW. Später will er mit seinem Sohn entlang der dalmatinischen Küste nach Albanien und Montenegro.

Ich lasse mir Zeit mit dem loskommen. Ist ja nicht so weit heute.

Zunächst führt über 15 km leider nur wieder die Nationalstraße raus aus Prades, bis ich dann auf kleinere D Straßen mit weniger Verkehr komme. Einen weiteren Pass, den ich hier überqueren durfte, will ich nicht vorenthalten. Je weiter es gen Süden geht, nimmt der Verkehr aber wieder zu. Ab und zu passiert man einen netten Ort und Weingüter. Sonst sind die Aussichten nicht so berückend. In Elme folge ich dann nicht mehr meiner Komoot-Route und biege ohne gute Navigation nach Argelès-sur-Mer ab, wo ich dann das Meer nach gut 60 km und gut drei Stunden erreiche.

Es gibt dort einen schönen großen Sandstrand. Die Hotelauswahl und auch die sehr auseinander gezogene ziemlich große Stadt ist mir nicht so sympathisch und ich schaue ob ich noch ein bisschen weiter komme. Am Hafen setz ich mich in eine Bar, trinke ein kleines alkoholfreies Bier für 5€ und suche nach Unterkünften.

In Banyuls-sur-Mer finde ich ein ganz schönes Hotel, preislich im Rahmen und trotzdem mit allen Annehmlichkeiten. Da will ich noch hin. Als ich Google nach dem Weg frage, meint es 1 Stunde 15 Minuten und viele Steigungen. Das ist halt der Charakter einer Küstenstraße. Zunächst verfolge ich den Weg auf der Corniche mit schönen Örtchen, wie beispielsweise hier Collioure und Buchten. Nach den Schildern, die mich schon den ganzen Weg begleiten, befinde ich mich immer noch auf der „Route de Cols“. Dann muss ich nach etwas Fehlnavigation auf die D914 und in Banyuls-sur-Mer kommt Google völlig durcheinander und will mich über Treppen und durch volle Fußgängerbereiche lenken.

Aber schließlich finde ich das auf dem Hügel gelegene Hotel. Leider noch ein paar Höhenmeter dafür toller Blick aus dem Fenster mit Balkon. Da kann ich mein Radzeug mal ein bisschen sauberer bekommen und es auf dem heißen Balkon trocknen. Ich entscheide mich dafür hier noch eine weitere Nacht dranzuhängen, mal einen echten Ruhetag einlegen und muss deshalb, nachdem ich schon geduscht habe von 444 auf 439 wechseln, denn sonst wäre es morgen komplizierter geworden. Der Blick ist ähnlich aber ein bißchen anders. Man sieht den Pool.

So sind es heute doch ganze 82 km geworden und die Höhenmeter waren mit 538 überschaubar, wobei davon 360 auf die 16 km lange Küstenpassage fallen.

Der Ort ist über eine steile Treppe erreichbar. Ein großer Teil der Promenade ist aktuell Baustelle. Der Strand ist ehrer steinig. Statuen von nackten Figuren schmücken den Rest der Promenade. Es gibt unzählige gut bewertete Restaurants. Ich lande im La Vieille Cave. Es gibt Fisch des Tages und Wein aus dem Rousillon durch den ich heute entlang der “Route du Vin” gefahren bin.

Von Ax-les-Thermes nach Prades

Direkt an meinem kleinen netten Hotel Bellevue geht die Straße vorbei hoch zum Col de Pailhères, die sich später von der Strecke zum Col de Chioula trennt. Am Anfang ist noch etwas Verkehr, der aber, je weiter ich steige, schnell abnimmt. Ein letzter Blick auf Ax-les-Thermes mit der Seilbahn und dann bin ich schon an einem kleinen Stausee. Bis hierhin läuft es super. Es sind immerhin 1250 Höhenmeter an einem Stück zu bewältigen. Der Col de Pailhères ist einiger der wenigen Pyrenäen Pässe, der über 2000 liegt. Bei 1500 Meter kommt mir eine Gang von drei Bike-Packing Frauen entgegen, die sich schon von weitem als deutsch zu erkennen geben. Sie sagen freundlich „Bonjour“ aber ich höre dann bald „eh Alter“ auf was sich auch immer das bezieht. Vier Rennradler sind nun auch schon an mir vorbei gezogen und später kommen noch zwei weitere und Motorradfahrer gibt es kaum.

Umso mehr wundere ich mich darüber die Porsche-Parade an der ersten Station des Skigebiets zu sehen. Das Skigebiet zieht sich hoch bis zum Pass. Zwischendrin wird es nun doch wieder steiler, nachdem es zu Anfang mit 6% sehr angenehm zu fahren war. Bei den engen Serpentinen geht es dann wieder besser. Aber dennoch brauche ich ziemlich genau 3h für die knapp 1300 Höhenmeter. Dort oben ist nichts außer dieser Hütte. Die Hoffnung ein längeres Päuschen einlegen zu können zerschlägt sich.

In sehr steiler Abfahrt auf sehr engen Serpentinen auf ganz schmaler Straße geht es schnell runter bis zur nächsten Skistation. Ab dort wird die Straße breiter. Mein Garmin macht Zicken, weil seine Strecke und seine Messergebnisse nicht harmonieren. Aber es ist nicht so schwer, immer auf der Straße bleiben. Trotzdem versichere ich mich an jeder Kreuzung noch einmal wo lang es geht. Ich habe keine Lust mit 10% irgendwo 1-2 Kilometer runter zufahren, die ich dann wieder hoch muss.

Am tiefsten Punkt bei etwa 800 Meter verlasse ich das Departement Ariege und komme in das Departement Aude. Die Aude ist hier allerdings nicht mehr als ein kleiner Bach, dem ich nun mit moderater Steigung ein paar Kilometer folge. Links zur D17 geht es ab und es wird auf eine Essgelegenheit in der „ferme“ hingewiesen. Die finde ich leider nicht. Vor dem Pass Col du Garavel erreiche ich den Zwischenpass, den Col de Moulis, der sich hier mit 1099 Meter brüstet und weitere 50 Höhenmeter kostet. Hier ist eine Farm mit Schweinen aber es gibt nichts. So erreiche ich den Col de Garavel bei 1256 Meter nach sehr schweißtreibendem Aufstieg von ca. 500 Metern ohne weitere Pause. Es ist sehr heiß geworden, ca. 35 Grad und ich zehre von meinen letzten Riegeln.

Auf der Passhöhe wird ein Restaurant in 5km angezeigt. Leider ist da nichts. In eines der nächsten Dörfer Roquefort-de-Sault fahre ich langsam ein und schon nach wenigen Metern werde ich herzlich mit Bonjour begrüßt und selbstverständlich könne man hier was trinken und auch essen. So gibt es ein halbes Baguette Schinken-Käse Sandwich und zwei kleine alkoholfreie Bier, wieder aufgefüllte Flaschen und eine schattige Pause. Die Dame ist sehr nett und kann in ganz vielen Sprachen ein paar Worte. Wir müssen dann aber schnell ins Französische zurück.

Der Auffahrt zum Col de Jau ist so ein bisschen der Schrecken genommen. Immerhin sind es weitere 650 Höhenmeter bei 6-7%. Es geht auf einsamen Wegen, kaum ein Auto, keine Motorräder, nur in Richtung Passhöhe kommt ein Trupp Engländer auf Rennrädern, die gut trainiert in allerdings durchaus beachtlichen Abständen an mir vorbeiziehen. Der Weg nach oben ist waldig, es gibt einen Menhir zu sehen, den schau ich mir aber nur von von der Straße aus an. Kein Meter extra. Oben haben sich die Engländer gesammelt und ihr Begleitfahrzeug hat leckere Snacks ausgelegt.

Von 1500 Metern geht es nun auf 350 Meter runter über 24 Kilometer. Man passiert den idyllisch gelegenen Ort Mosset und die Schlucht der Casselane. Es haben sich auf dem Weg nach oben einige Gewitterwolken gebildet und es grummelt in der Ferne. Ich bin froh, dass ich kaum treten muss, denn das schmerzt. Beim Ortsschild von Prades kommen die ersten Tropfen. Ich komme aber trocken zum Chambre Hôte. Mein Fahrrad findet in der Motorradgarage Platz. Die Hausherrin hat mir einen Melonendrink gemixt und das Zimmer ist sehr schön. Für mehr als das Foto von der Kirche hat es nicht mehr gereicht, da ich als erstes unbedingt was essen musste und mir die Zeit damit vertrieben habe, das hier zu erstellen.

Bei einer Distanz von 95 km habe ich heute 2546 Höhenmeter absolviert, was eindeutig über dem liegt, was mein Trainingszustand zulässt, vor allem mit den fast 10 kg Gepäck. Jetzt ist aber erstmal Schluss mit Pässen und vorgebuchten Quartieren. Bis Dienstag muss improvisiert werden.

Von Aulus-les-Bains nach Ax-les-Thermes

Gestern hatte ich im einzigen Restaurant „Café Restaurant L’etape“ noch ein sehr ordentliches Abendessen mit gegrilltem Fleisch, Frites und Salat hat köstlich gemundet und in der Einsamkeit sind die Preise unten. Das gilt natürlich nicht für mein Appartementloch in dem ich dann leider gar nicht gut geschlafen habe. Um 8h in der Frühe macht der kleine Lebensmittelladen auf und ich kaufe ein Croissant und Chocolatine. Dann sehe ich, dass das Restaurant schon wieder auf hat und ich frage ob ich auch was frühstücken kann. So bekomme ich zusätzlich noch ein dickes Schinken-Sandwich mit Salat und einen Milchkaffee.

Nachdem der Chef Mittag gestern noch einen äußerst mißmutigen Eindruck machte, scheint er langsam aufzutauen, je öfter ich ihn besuche. Er entpuppt sich als großer Radfahrerfreund und wir betrachten seine Postkartenwand wo auch die kalifornische Westküste reichlich vertreten ist und ich ihm von meiner Fahrradreise dort erzählen kann. Sandwich und Kaffee sollen 8€ kosten, aber er will lieber mein Kleingeld und gibt sich dann auch mit 6€ + x Cent zufrieden. In meinem Appartement hatte sich im Bad durch das offen gelassene vergitterte Fenster ein Vogel in der Dusche eingenistet und ich versuche ihn mit allen Tricks in Richtung Fenster zu bewegen. Irgendwann ist er dann weg.

So wird es heute 9:30 bis ich auf das Rad komme und direkt vom Ort aus beginnt der langsame Anstieg zum Col d‘Agnes. Bis da hoch auf 1580 Meter bin, brauche ich fast zwei Stunden. Es ist wenig los auf der Straße. Kurz vom Gipfel überholt mich eine Rennradlertruppe, die ich dann oben alle wieder sehe wie sie dort mit ihrem Begleitwagen interagieren und jeder braucht ein Gipfelfoto. Diesmal steht das Schild mitten im Matsch und ich mache mal besser die Taschen ab, um es dahin drapieren zu können. Der Pass wird im oberen Teil weniger steil und bietet in jeder Kurve neue fantastische Ausblicke. Für die Tour-de-France wird auch schon vorbereitet und abgesperrt, dass sich da nicht schon Tage vorher die Camper positionieren.

Der nächste Pass, ist kurz und gar nicht steil und man erreicht nach kurzer Abfahrt vom Col d‘Agnes, bei der man von oben kommend schon den kleinen See „Etang de Lers“ sieht. Dort gibt es ein Restaurant aber ich habe vor dem Gipfel noch keine Lust dazu. Auf dem Weg dort begegne ich einer Kindergruppe, die von aufmerksamen Begleiterinnen gehütet werden aber mitten auf der Straße laufen müssen. Der Weg zum Pass Port de Lers führt in einem langen Bogen um eine grüne Hochebene herum auf dem viele Kühe und Pferde frei weiden, wie auch oben auf 1517 Meter eine Kuhherde grast.

In steilen Serpentinen führt der Weg nun zunächst über sehr enge Straßen Richtung Tarascon-sur-Ariège. Ich komme an einigen großen Wasserfällen vorbei und mir kommen unzählige Rennradler entgegen. Langsam wird die Straße breiter und weniger steil und leicht abschüssig sind so die letzten 10 km bis Tarascon zu bewältigen. Hier mache ich ein paar Bilder, das sind fast die gleichen Motive, die ich auch schon 2006 im Visier hatte, als wir mit dem großen Camper hier auf dem Campingplatz Station gemacht haben.

An dem führt jetzt auch mein Weg vorbei. Ich nutze die Gelegenheit etwas zu trinken und mit dem Chef darüber zu reden, dass uns hier vor 18 Jahren ein Playmobil-Männchen verloren gegangen ist, was zu einer kleinen Krise geführt hatte. Er macht mir allerdings wenig Hoffnung, dass wir das noch hier auffinden und spricht mit mir, in fast perfektem Deutsch, über die Strecke und das Wetter. Den Col d‘Aubisque kennt er auch gut, da er lange in Argeles-Gazost gewohnt hatte. Als ich erzählte, dass der Tourmalet geschlossen war, meinte er, die machen einfach überall mal zu, um für die Tour de France vorzubereiten.

Der Weg nach Ax-les-Thermes ist nun eigentlich mit ca. 25 km nicht mehr weit. Dabei sind 300 Höhenmeter zu absolvieren, die kommen natürlich nicht gleichmäßig, sondern summieren sich über kleine fiese Zwischenanstiege, bei denen in der Abfahrt danach wieder einiges verloren geht. Außerdem geht ein großer Teil der Strecke ohne Alternative auf der großen Nationalstraße, die oft aber leider nicht immer ein bisschen Seitenstreifen hat und da wird es einem immer ein bisschen mulmig, wenn ein großer Laster vorbei will. Außerdem sticht die Sonne und es ist sehr heiß. Nach schlechter Nacht, wenig essen während des Tages, auch zu wenig getrunken, merke ich das nun. Mir fallen die letzten Kilometer ziemlich schwer. Endlich erreiche ich dann aber doch mein kleines Hotel Bellevue. Das Rad kommt ganz versteckt in eine sichere Kammer und ich habe heute wieder ein richtiges schönes Zimmer mit einem (allerdings sehr kleinen) Bad.

In Ax-les-Thermes ist Wasser und Therme das große Thema. Außerdem wird ganz viel gebaut. Mit einer Gondel kommt man hier hoch, auch im Winter als Ausgangspunkt für das Skigebiet obwohl nur 700 Meter hoch. In einem Becken mit heißem Thermalwasser baden sich die Leute ihre Füße und als ich beim zweiten Mal vorbei komme, setze ich mich dazu. Der Ort ist ganz ansehnlich und mal wieder eine richtige kleine Stadt, es gibt viele Restaurants und Bars. Da kann man es sich ganz gut gehen lassen.

Die Distanz von 74 km mit 1495 Höhenmetern ist nicht so beeindruckend, dagegen hatte ich trotzdem ordentlich zu kämpfen, bis ich es endlich geschafft hatte.

Von Castillon-en-Couserans nach Aulus-les-Bains

Das Frühstück bei Natasha beginn mit einer festlich vorbereiteten Tafel. Alle Gäste des Hauses essen an einem Tisch. Mit Messerbänkchen, silbernen Serviettenringen alles äußerst vornehm aufbereitet. Mit mir frühstücken um 7:30 noch zwei Franzosen aus Dinan, wo wir letztes Jahr durchgekommen sind. Die Unterhaltung ist etwas holprig aber wir können uns verständigen. Der Tag beginnt mit einem Bilderbuchhimmel. Es ist mit 16 Grad noch etwas kühl aber nach wenigen Kilometern geht es zur ersten Steigung hoch zum Col de la Core. Der Anstieg ist diesmal moderat. Über lange Strecken unter 6%, gegen Ende wird es dann steiler aber kaum über 7%. Man passiert verschiedene Dörfchen und in der Ferne präsentieren sich die hohen Berge mit ein bisschen Schnee.

Auf dem Pass öffnen sich dann neue Panoramen und bis Seix am Fluss „le Salat“ ist es dann nur noch eine lange schnelle Abfahrt. Entlang des Flusses steigt das Gelände leicht an. Es gibt auch einen Kayakverleih aber ich habe keine Boote auf dem doch recht wilden Gewässer gesehen. Dann biege ich ins Ustou Tal ab, das über 7 km leicht ansteigt, bis dann die letzten 4,5 km bis zum Col de Latrape steiler werden. Die Aussichten da hoch sind überschaubar aber das Thermometer steigt auf weit über 30 Grad in der Sonne. Oben bin ich dann doch etwas geschafft.

Jetzt kommt nur noch eine weitere schnelle Abfahrt am Wasserfall und mit Blick auf den Ort Aulus-les-Bains. Ich kann heute auch sofort mein „Appartement“ beziehen. Das ist eine Küche mit Schlafsofa auf niedrigstem Niveau. Dafür wollen sie 60€ und Bettzeug plus Handtuch kosten 10€. Es gibt zwar ein Grandhotel und verschiedene Gites aber ich habe zuvor alles versucht was anderes zu finden. Entweder ausgebucht oder sie nehmen nicht für nur eine Nacht. Bei zwei Nächten hätte ich mehr Optionen gehabt, was ich auch überlegt hatte. Also hatte ich das schon so erwartet, wird für eine Nacht schon gehen.

Der Ort hatte wohl mal eine größere Zeit es gibt Therme und besonderes Wasser aber das scheint nicht besonders frequentiert zu sein. Ich denke, dass Grand Hotel gegenüber dem Thermepark lebt in erster Linie von den Wanderern, die hier dann mehrere Tage verbringen. Es gibt hier zwei Restaurants aber das eine hat nur Donnerstags bis Sonntags auf. So sitze ich im einzigen offenen. Der Wirt ist freundlich und ab 19h gibt es hier auch was zu essen. Der Fluss Le Garbet fließt fotogen durch den Ort und in erster Linie kann man hier eben Wandern oder Radfahren.

Diesmal waren es 54 km und 1512 überwundene Höhenmeter.

Von Cierp-Gaud nach Castillon-en-Couserans

Trotz oder wegen des Rauschens der Pique direkt vor meinem Fenster konnte ich sehr gut schlafen. In einiger Entfernung beim Rathaus feierten Sie ein Fest mit Zelt, DJ-Musik und Bar. Als ich nachts gegen 4:30 mal aufgewacht war, habe ich immer noch leise die Musik gehört. Der Blick aus dem Fenster stimmt mich nicht optimistisch. Dafür ist das Frühstück von Ed ein echtes Highlight und bringt ein bisschen Glanz in die tristen Ausblicke grauer Mauern in grauer Landschaft mit grauen tief hängenden Wolken. Kurz vor 9h geht es bei Niesel los und nach 5 km ist St. Beat wieder erreicht. Die Garonne fließt durch den Ort aber das Erscheinungsbild des Ortes ist trotzdem recht düster.

Auf dem Weg zum Col de Menté sind die Straßen nass aber bis auf 1060 Meter bleibt es trocken. Nur für die letzten 300 Höhenmeter setzt der Nieselregen wieder ein. Kurz vor der Passhöhe überholen mich die ersten Rennradler. Es gibt eine Hütte aber ich bin nicht hungrig.

Auf dem Gipfel gibt es das obligate Pass-Gipfel-Foto, diesmal auch mit mir selbst von einem freundlichen Franzosen gemacht. In steilen Serpentinen geht es dann wieder tief runter bis der 4,5 km kurze aber sehr steile Anstieg zum Col de Portet d‘Aspet erreicht ist. Auch da gibt es ein paar Gehöfte und auf einer Terasse sitzen Freudenstädter und ein paar Franzosen und ich bekomme alkoholfreies Bier, eine Tarte und einen Kaffee bei ganz entspannter Jazz-Musik. Ab jetzt kommen keine nennenswerten Anstiege mehr. Nach anfänglichen vielen Serpentinen zieht sich die Strecke über 30 km bis Castillon. In jedem Ort auf der Abfahrt wird ordentlich Werbung für die Tour de France gemacht, die mir hier am 14. Juli dieses Jahr folgt.

Castillon ist ist ein sehr kleines Örtchen in dem ich bei Natasha ein Zimmer gefunden habe. Eigentlich ist Einlass erst ab 15:30. Ich probiere es trotzdem mal. Natasha öffnet mir nach einiger Zeit und war nicht so sehr begeistert, da ich ihren Mittagsschlaf unterbrochen habe. Nach einiger Zeit war sie dann aber ganz engagiert. Es gibt hier wieder nur ein Restaurant und das wollte heute gar nicht aufmachen. Aber nach verschiedenen Telefonaten von Natasha darf ich heute um 19h kommen. Mal sehen was mich erwartet.

Auf der Distanz von 52 km über zwei Pässe hatte ich nach 30 km etwa knapp 1400 Höhenmeter erreicht. Insgesamt sind es 1458 Höhenmetern geworden.

Nach der Dusche schreibe ich erst einmal meinen Bericht für heute und verlasse meine Unterkunft um den Ort zu erkunden. Ich muss noch einmal zurück und die Jacke wechseln, denn es ist auf einmal ganz warm geworden und die Sonne scheint. Auf einem kleinen Gipfel über dem Ort gibt es eine alte Kapelle inmitten eines wild gewachsenen Park. Entlang eines Kreuzgangs, den die Eidechsen als Revier in Beschlag genommen haben, kommt man hoch und hat einen guten Blick über den Ort und die Berge. Als ich wieder runter komme stoße ich direkt auf die Bar im Ortszentrum, die als einzige geöffnete Gastronomie gut besucht ist. Hier lasse ich mich erst einmal für einen Café au lait nieder und ergänze dies hier.

Von Arreau nach Cierp-Gaud

Bei fast blauem Himmel und schön beleuchtetem Rathaus bin ich heute von meiner Airbnb Privatunterkunft bei Katia in ihrer kleinen Wohnung in einem kleinen Zimmer in dem ich sehr gut geschlafen und mich wohl gefühlt habe. Wir haben uns gut unterhalten und alles war sehr unkompliziert. Direkt an der Wohnung ging es über die kleine Ortsstraße in Richtung des ersten Passes heute dem Col de Peyresourde. Auf den knapp 20 km dahin zieht es sich erst mit ganz gemütlicher Steigung. Insgesamt geht es ganz gut auf die erste Höhe von 1569 Metern mit grandiosen Blicken auf die hohen Berge.

In langer schneller Abfahrt geht es über tolle Serpentinen nach Luchon hinunter. Die Orte schmücken sich schon für die Tour de France, die dieses Jahr auch über diesen Pass kommt. Witzig sind die kleinen Ampeln extra oder auch für Radfahrer: wenn man zu schnell ankommt sind sie rot, wenn man etwas bremst, dann werden sie gleich grün. Luchon ist ganz attraktiv, einige Hotels und Restaurants und eine Gondel mit der man ins Skigebiet kommt. Dementsprechend auch viele „Location Ski“. Ab hier wären es noch 15 km zum Hotel und ich kämpfe mit der Versuchung den direkten Weg zu nehmen.

Dann schlage ich aber doch die Richtung zum Col de Portillion ein. Der ist leider im oberen Teil mal wieder richtig hart und ich pedaliere mich in den ganz kleinen Gängen nach oben. Meist ist es hier waldig, kaum Fernblicke nur immer wieder Wasserfälle, die aus den steilen Felsen runter rauschen. Hier einer, vor dem sich einer der vielen Motorradfahrer von seiner Freundin ablichten lässt. Als ich komme muss ich natürlich ein Foto von beiden machen. Kurz vor der Höhe überholt mich eine Rennradlerin, die hier lebt und mich lobt ob meines extra Gepäcks. Nachdem ich ihr erzähle, dass ich bis ans Mittelmeer will, möchte sie gleich ein Foto von mir machen. Auf dem Pass überquert man wieder die Grenze nach Spanien. Auf einem Platz mit schöner Aussicht in die spanischen Pyrenäen kommt man an einer Statue vorbei mit der, durch das daneben angebrachte Schild, alle spanischen Tour de France Sieger geehrt werden.

Bis zum spanischen Ort Bossòst geht das auch sehr flott auf gut ausgebauter Straße runter. Dann sind es leider noch 35 km auf großer Nationalstraße mit viel Gegenwind entlang der Garonne oder in Spanien Garona. Der Hotelwirt hat schon per SMS angefragt wann ich denn komme und ich hatte ihm optimistisch 15:30 geantwortet. Aber angesichts des Windes wird es dann doch fast 16h. Ed, der Besitzer des „Les Deux Rives“ ist sehr freundlich. Mein Fahrrad steht direkt hinterm verschlossenen Eingang. Ich bekomme ein kleines originell eingerichtetes Zimmer.

Eigentlich hatte ich ja in St. Beat was gesucht aber es gab nichts. So muss ich sowohl heute als auch morgen 5 km extra in Kauf nehmen. Das Hotel und mein Zimmer liegt direkt an dem auch wieder viel Wasser führenden Fluss „La Pique“ so heisst auch die Bar gegenüber. Kurz nach dem Ort mündet er in der Garonne. So lässt sich sicher der Name des Hotels herleiten. Sonst gibt es wenig bis gar nichts hier. Ein Intermarché ist da in 15 Minuten Entfernung zu Fuß und „das“ Restaurant (Lou Casteu) des Ortes hinterm Intermarché. Das besuche ich dann heute auch und es gibt wieder eine sehr gut Pizza. Eine große Flasche Wasser ist wie überall gratis und der Wein ist gut und günstig.

Auf der Distanz von 75 km habe ich 1645 Höhenmeter erklettert. Leider waren die letzten Kilometer unter sehr dicker Wolkendecke und es nieselte zuletzt immer wieder. Aber ich habe es trocken ins Hotel geschafft so auch bislang bei den kleinen Spaziergängen.

Von Argelès-Gazost nach Arreau

Nachdem ich heute sehr gut geschlafen habe und ein ganz hervorragendes Frühstück genossen habe und ich mit Blick auf dem Fenster sehe, dass es mit dem Hotelnamen geklappt hat und die Sonne scheint gibt es doch eine Enttäuschung. Als ich der Hoteldirektorin erzähle, das heute der Col de Tourmalet dran ist, meint sie, der wäre heute zu. Ich frage ob das auch für Fahrräder gilt. Sie wollte um 9h beim Tourismusbüro anrufen und um 9h bestätigt sich: für alle Fahrzeuge geschlossen, Arbeit mit großen Maschinen, zu gefährlich.

Man kann sich hier nie sicher sein ob das wirklich ernst ist aber auf 2100 Meter hoch radeln um dann im schlimmsten Fall wieder zurück geschickt zu werden, ist mir dann doch zu riskant. Ich suche einen Weg außen rum. Am einfachsten wäre Lourdes und dann rechts abbiegen, das ist eher flach oder ganz kleine weiße Sträßchen zum Col de Croix Blanche für was ich mich entscheide. Die Flüsse führen irrsinnig viel Wasser. An der Abzweigung vom flachen Radweg nach Lourdes sehe ich, dass ich nur noch 4 km entfernt bin, eigentlich hätte ich ja Zeit, aber entscheide mich dann doch dagegen, vor allem weil plötzlich nicht mehr blau sondern grau am Himmel dominiert. Eine weitere Sperrung auf dem Weg nach oben signalisiert, dass in 2km Schluss sei. Das Risiko gehe ich ein, zumal mir ein Rennradler entgegen kommt. Da stehen dann ein paar Laster und die Straße ist frei. Oben gibt es einen tollen Blick über die Pyrenäenausläufer.

Der Weg zum Col d‘Aspin zieht sich zunächst entlang der Aspe lang leicht steigend hin. Kurz vor Bayenne ein paar Nieseltropfen, dann auf einmal ein paar Regentropfen, ich erinnere mich an das Werbeschild von McDonalds, gebe Gas und erreiche das rettende Vordach von McDonalds gerade als der Wolkenbruch losgeht. Ich war schon lang nicht mehr bei McDonalds und bestellt wird an großen Touchscreens an denen man dann auch direkt mit Karte bezahlt. Man nimmt sich ein Nummernschild und schon bald wird einem das Essen gebracht. In meine Fall das Menü mit Burger, Salat und Cola.

Nachdem ich damit fertig bin, hat sich auch der Regen verzogen. So geht es immer weiter bis in St. Marie-de-Campan die Abzweigung zum Tourmalet kommt. Merkwürdigerweise steht hier “offen” und es gibt keine Warnschilder. Ab hier wird es steiler obwohl der Col d‘Aspin kein sehr steiler Pass ist, so zwischen 4 und 10 Prozent. Aber ich komme auch wieder nur sehr gemächlich voran und werde von vielen Rennradlern überholt. Der Blick in die verschiedenen Richtungen oben ist gut aber es gibt immer wieder dunkle Wolken zu sehen. Auf der Auffahrt beim Ski- und Touristenzentrum Payolle beginnt es wieder zu nieseln. Schnell die Regenjacke an aber 150 Höhenmeter weiter ist schon wieder Schluss damit. Die Jacke wieder ausziehen und es hat schon gereicht, dass die Arme und Ärmel von innen nass sind. Das ist halt doch noch nicht die optimale Atmungsaktivität.

Von oben sind es dann noch 12 km steile Serpentinenabfahrt bis nach Arreau. Auf dem Weg begegnen mir ein paar Motorräder, viele Rennradler, die auch noch nach oben wollen und einer der mit vier Packtaschen und einer großen Quertasche hinten mit sehr kleiner Übersetzung zügig pedaliert. In Arreau komme ich eine Stunde zu früh an und wärme mich im Salon de Thé mit einer Quiche und Kaffee. Auch hier wieder tosende Gebirgsflüsse in einem schönen kleinen Ortszentrum. Da werde ich sicher nachher was gutes zu essen finden.

Ich bin in einem sehr preiswerten und sehr kleinen Privatzimmer untergebracht und muss mein Rad 2 Stockwerke tragen um es sicher vor der Tür zu platzieren.

Insgesamt war ich dann heute 72 km unterwegs und die 1516 Höhenmeter waren etwas angenehmer als die ursprünglich 2400 geplanten. Mir hat es trotzdem gereicht. Trotzdem sehr schade, dass ich dieses Highlight verpasst habe. Hier hat Jan 1997 das ok bekommen seine Funktion als Edelhelfer aufzugeben und voll zu fahren, was zum einzigen deutschen Tour de France Sieg geführt hat. Das waren allerdings 253 km, die er in 7 Stunden und 46 Minuten gefahren ist (33 km/h). Selbst mit den Einwänden: “kein Gepäck, gedopt, 40 Jahre jünger” sind das schon unglaubliche Leistungen verglichen mit meinen 11 km/h.

Im Restaurant l’Arbizon werde ich fündig. Da ich heute sehr preisbewusst unterwegs bin: billiges Privatzimmer, billiges Menü mittags bei McDonalds (war gerade richtig für mich) kann ich mir abends was leisten. Aber die empfohlene Flasche Wein und das Drei-Gang-Menü plus Café ist heute auch für unter 40€ zu haben. Salat mit Lachs und Meeresfrüchten, Forellenfilet mit Reis und Gemüse und schließlich noch ein kleines Eis und dabei pro Gang noch eine tolle Auswahl versöhnen mich ganz langsam mit der französischen Küche.

Live Musik gab es dann auch mit französischen und internationalen Hits. Ich habe den Platz hinter der Scheibe gewählt. Da kann ich die beiden super sehen und es ist nicht so laut. Gute Idee: ein Whiteboard, auf dem alle Gäste ihre Wünsche aus einem Repertoire-Menü aufschreiben können.

Von Laruns nach Argelès-Gazost

Die Distanz 47 km mit 1363 Höhenmetern war heute nicht das Problem. Nachdem ich um halb acht in einer Boulangerie wieder einen Croque-Monsieur (freundlicher Weise ausgepackt und aufgewärmt) bekommen habe und in einer Bar noch einen Café au lait bekommen hatte, habe ich mich bis 10h im Apartment aufgehalten und mich dann für strömendem Regen in die Regengarnitur verpackt. Das Fahren ging ganz gut langsam zwar aber stetig. Unter positiv könnte man auch vermerken, dass ich die Sonnencreme gespart habe und vielleicht, dass fahren im Regen etwas meditatives hat. Man hört die Tropfen auf der Regenmütze, tosende Bergbäche rauschen links und rechts von einem hinunter, man überquert die Schlucht mit dem rauschenden Wasser zwischen dem Ort Eaux-Bonnes (bezeichnender Weise „gutes Wasser“) und dem auf über 1000 Meter liegenden Gourette mehrmals. In Eaux-Bonnes sah es einen winzigen Moment so aus, das sich die Sonne herauswagt, so dass ich auf dem Umweg über einen Feldweg, über den mich Komoot geführt hat, die Gelegenheit hatte von dem Aussichtspunkt einen Regenbogen einzufangen.

Das war aber dann das letzte Bild bis zum berühmten Pass „Col d‘Aubisque“ obwohl es auf dem Weg einige interessante Ausblicke hätte geben können. Dort habe ich mich dann überwunden die nassen Handschuhe und die ebenso nassen Überhandschuhe auszuziehen und mit eiskalten und nassen Fingern ein Foto vom Fahrrad und der Passhöhe mit den Tour de France Rädern im Nebel zu schießen. Dann habe ich mich nach drinnen verzögen. Sehr erfreulicher Weise gab es da oben eine schöne urige Hütte und in der war es ganz voll obwohl die Straße völlig leer war. Mangels Bildmaterial hier eine Innenaufnahme trotz Foto- und Videoverbot. Ein Rennradler ist kurz vor dem Gipfel an mir vorbei gezogen und ich habe es ihm nachgetan und einen leckeren „Gateau de Basque“ mit heißer Schokolade bestellt und später noch einen Milchkaffee um noch ein bisschen bleiben zu können. Durchnässtes Unterhemd und Trikot habe ich gewechselt.

Die Straßen hoch sind gut ausgebaut, teilweise überbreit, da Gourette ein Skiort mit Gondeln etc. ist. Da gäbe es auch was zum einkehren mit dem Charme eines verlassenen Skiortes. Da wollte ich aber noch nicht pausieren, da hatte ich noch 600 Höhenmeter vor mir, wenngleich mir der immer lauter werdende Donner und damit ein näher kommendes Gewitter gewisse Sorgen gemacht hat. Kurz vorm Gipfel sehe ich dann auch noch einen gewaltigen Blitz und bis zum Donner sind es noch 9 Sekunden, also ca. 3 km entfernt. Aber es verzog sich langsam.

Gestärkt und etwas getrocknet mache mich an die erste Abfahrt bis es zum Col de Soulor wieder hoch geht. Dort, nach knapp 200 weiteren Höhenmetern, verzichte auf das Pass-Foto und sehe mit Entsetzen, dass die Straße nach Argelès-Gazost gesperrt ist und eine weite Umleitung zu fahren ist. Das wollte ich nur äußerst ungern, denn die Hände waren schon wieder eiskalt. Ich rolle über die Sperrung und sehe einen Mann am Restaurant was werkeln und frage ihn ob ich da mit dem Fahrrad durchkomme. Er meinte das ginge schon, ein bisschen müsste ich das Rad tragen, die Straße sei abgesackt. Nach 3 km erreiche ich einen Zaun und mit einiger Wuchterei schaffe ich es das Rad dran vorbei zu tragen und schiebe es durch die Baustelle. Die Bauarbeiter, wie ich, im strömenden Regen schauen nur. Zwischen Bagger und Rand bleibt noch eine kleine Lücke, wo ich durch passe und auf der anderen Seite der Absperrung wieder das gleiche Spiel.

Dann geht es ohne weitere Zwischenfälle die ca. 20 km runter zu meinem Zielort Argelès-Gazost. Mit Google-Navigation, was bei strömendem Regen und kalten Fingern auch mühsam ist, habe ich das Hôtel du Soleil Levant schnell gefunden und komme zeitgleich mit einer Rennradlergruppe an, die vom Tourmalet kommen.

Wir werden alle sehr freundlich empfangen obwohl alle nass und dreckig sind und die Räder dürfen in eine Garage des Hotels. Das Zimmer ist sehr angenehm und ich kann alles zum trocknen aufhängen. Mal sehen ob das Soleil im Hotelnamen für morgen die gleiche Wirkung hat, wie Eaux-Bonnes für heute.

Während ich mich in meinem Zimmer wieder aufwärme und alles zum trocknen aufhänge und dann beginne diesen Beitrag zu schreiben, hört es doch tatsächlich auf zu regnen. Höchst erfreut mache ich mich noch zu einem Spaziergang durch den wirklich netten Ort auf und kann noch ein paar optimistisch stimmende Bilder nachlegen. Auf dem Bild unten ist in der Mitte das Hotel zu sehen.

In der Annahme, dass ich nicht mehr rauskomme, habe ich mich im Hotel zum Abendessen angemeldet. Das ist zwar nicht mit Larrau vergleichbar aber für 17€ ist es ein solides 3 Gänge Menü.