In Assuan

Obwohl das Zimmer eher mittelmäßig ist, schlafe ich ziemlich gut. Der Verkehr in Ägypten zeichnet sich in erster Linie dadurch aus, dass alles hupt. Motorräder, die auf dem schmalen Streifen rechts vorbei wollen, hupen, damit unser Fahrer nicht auch auf die Idee kommt, ein bisschen nach rechts zu fahren, weil gerade hinten links einer hupt, der zwischen Gegenverkehr und unserm Bus durch möchte.

Nachdem uns unser Führer Asis gestern Abend noch in Empfang genommen hat und zunächst einen fakultativen (zusätzliche Kosten) Ausflug in den Nationalpark (in erster Linie die Staudammkatarakte) vorgeschlagen hatte, den wir aber gleich verworfen hatten, ging es dann in der Frühe doch aufs Schiff und wir haben die schon eingeschworene Gruppe auf dem Schiff auf die „Kitchener-Insel“ mit botanischem Garten auf einer Nil-Feluke mit Trapez-Segel begleitet. Selbst auf dem Boot haben die beiden nubischen Schiffskapitäne eine kleine Verkaufsveranstaltung von afrikanischem Schmuck oder sonstigen Erinnerungsstücken vorbereitet.

Auch auf der Insel werden wir von freundlichen Verkäufern in Empfang genommen, die sehr engagiert die immer gleichen weitgehend nutzlosen Dinge weitgehend erfolglos anbieten. Das volkswirtschaftliche Potential dieser Human-Ressourcen lässt sich sicher effektiver heben. Der Garten ist sehr angenehm und dient auch vielen einheimischen Schulklassen als Ausflugsziel.

Nachmittags werden wir mit einem großen Bus zum kleinen (dem alten) und großen Assuan-Staudamm gebracht, der den Nasser Stausee (so genannt nach dem Präsidenten, der den Bau initiierte) ohne Schleuse vom Nil abtrennt. Hoch-Tief, das deutsche Bauunternehmen, hat ein Angebot mit Schleuse unterbreitet, das war aber zu teuer für den ägyptischen Staat und so wurde der Staudamm mit russischer Hilfe gebaut, billiger aber ohne Schleuse. Muss halt nun alles mit Lastern durch die Gegend gefahren werden. Im Nasser-See gibt es noch Krokodile, im unteren Verlauf des Nils nicht mehr. Wir haben keins gesehen. Der riesige Staudamm wird militärisch scharf bewacht.

Auf dem Rückweg besuchen wir den der Göttin Isis geweihten Tempel von Philae, der in ptolemäischer Zeit gebaut und von Kleopatra fertig gebaut wurde. Eine Säule trägt eine Hieroglyphen-Kartusche mit ihrem Namen. Im Tempel, den wir mit kleinen Booten mit Zweitakter Außenmotor erreichen, erwarten uns neben der großartigen Eingangsfassade mehrere andere Tempelanlagen, die dem Falkengott Horus und seiner Frau Hathor gewidmet sind. In römischer Zeit kam noch was dazu. Der ganze Tempel wurde vor der Stauseefertigstellung Stein für Stein, von einer niedriger gelegenen Insel hierher, über Wasser, verlegt.

Nach Sonnenuntergang über dem See fahren wir wieder durch das tief über dem See liegende Zweitakter-Gemisch. Eine Familie aus Wien mit drei jungen Töchtern ist auch dabei. Mittels freiwilliger Schal-Verschleierung wird der erfolglose Versuch unternommen, dem Geruch des verbrannten Benzins zu entgehen.  

Wieder auf dem Schiff zurück, müssen wir nachts leider die Erfahrung machen, dass uns auf dem Mitteldeck wohl keine ruhige entspannte Nacht erwarten wird. Die Boote am Kai sind in mehreren Reihen aneinander vertäut. Will man an Land, so müssen erstmal zwei oder drei andere Schiffe passiert werden. Vibrierende Maschinen und Lüftungen des eigenen und vor allem des Nachbarschiffs schaffen einen Geräuschpegel, der sich auch mit Ohrstöpseln nur teilweise reduzieren lässt. Nach der zweiten ziemlich schlaflosen Nacht konnten wir dann noch für eine Nacht in das Oberdeck etwas weiter vor umziehen. Dort war es deutlich ruhiger.

Pünktlich zum Abendessen kommen wir wieder ans Schiff. „Stella“ gibt es an Bord auch. Diesmal für nur 160 LE. Das motiviert mich, ein bisschen Land und Leute auf eigene Faust zu erkunden. Dank Google Maps finde ich auch verschiedene Lebensmittelläden, aber sowohl hier als auch in den Souks / Bazar, die ich später durchquere, finde ich alle Arten von alkoholfreien Getränken, aber kein Bier. Beim ersten Lebensmittelhändler mache ich mich kundig, wie das hier mit dem Bierverkauf funktioniert. Der Ladenbesitzer erklärt, dass es dafür Spezialgeschäfte gibt und direkt um die Ecke wäre eins. Direkt um die Ecke ist allerdings alles hinter einer dunklen schwarzen Tür mit fünf Schlössern verrammelt. Ich frage einen andern nach dem Laden und auch er verweist auf die schwarze Tür. Also heute Abend zu.

Durch die Souks mach ich dann noch einen kleinen Streifzug. Während mich vorher in der nicht-touristischen Gegend keiner angesprochen hatte, spritzt, kaum bin ich von weitem ausgemacht, ein Ladenbesitzer von seinem Schemel, möchte wissen, wo ich herkomme, und will gleich mein Freund werden und mir ganz unverbindlich seinen wunderschönen Laden zeigen. Später gehen wir noch einmal zu zweit los. Wir sind fast die einzigen Europäer und hätten so sicher viele Bekanntschaften schließen können. Auf den Nil-Schiffen müssen tausende Touristen sein, aber die bleiben dort. Das Angebot ist vielfältig und richtet sich trotz der touristischen Anmutung auch stark an Einheimische.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert