Von Kirk Creek Campground nach San Miguel

Die Nacimiento-Fergusson Road beginnt abgehend von der CA 1 am Südende der Kirk Creek Brücke, also praktisch genau nach dem Kirk Creek Campground. Ich habe nun soviel abschreckende Geschichten über diese Straße gehört, dass ich tatsächlich in meinem leider doch etwas abschüssig aufgebauten Zelt nicht optimal geschlafen habe und von Militär und Übungen und komischen Sachen geträumt habe. Noch bevor die Sonne richtig aufgeht wache ich auf und betrachte mir das Schauspiel, wie die Wolken angeleuchtet werden. Es war wieder ca. 10 Grad im Zelt aber die Luft ist vollkommen trocken und das Zelt auch. Um kurz vor 8 Uhr habe ich alles gepackt und schenke den Kaliforniern mein überflüssiges Wasser. Am Abend war noch ein Radler gekommen, der nicht über die Nacimiento Straße wollte sondern es durch Trials und direkt durch den Wald versuchen wollte. Ich hatte davon auch gelesen, Vorteil – man kommt in einem Tag durch (wenn), Nachteil – man klettert mit seinem Rad durch Wanderwege. Er hatte Angst vor dem vielen Verkehr, den er erwartete und den Kaliforniern war es zu steil.

Dann bin ich also los (über insgesamt 101 km mit 1153 Höhenmeter) und steil lässt sich bestätigen, es ist streckenweise zwischen 12% und 15% steil. D.h. ich musste mein Reserveritzel bemühen und bis ca. 1500 Fuß war es richtig steil, ab dann wurde es angenehmer, zwischen 5% und 7% und nur manchmal kam ein giftiger Anstieg. Nach 7,5 Meilen habe ich die 2700 Fuß also ca. 850 Meter erreicht. In der Zwischenzeit hatten mich 6 Autos und ein Motorrad überholt und 10 Autos und ein Radler sind mir entgegen gekommen. Der Verkehr war also um die Zeit noch moderat. Auto Nummer 5 wollte einfach nicht vorbei fahren und fuhr dann irgendwann neben mir her und der Fahrer reichte mir eine eisgekühlte Gatorade Flasche aus dem Fenster. Kann man schlecht ablehnen. Er meinte oben auf dem Hügel wäre er auf der Fire Station, da könnte ich auch mein Wasser auffüllen. Wäre also nicht notwendig gewesen neben den 1,5 Liter Wasser nochmal 2,5 in den Packtaschen mitzuschleppen. Schon bald wird es beim Aufstieg so heiß, dass ich nur noch mit Unterhemd und gelber Weste fahre.

Die Straße war also steil und mit den Taschen wirklich eine schwere Aufgabe aber sie war immer so breit, dass bequem zwei Autos aneinander vorbei passen und es gab auch keine schwindelerregenden Abgründe oder Felswände. Kurzum, da habe ich schon schlimmere Straßen erlebt. Aber der Mythos scheint immerhin für wenig Verkehr zu sorgen. Alle, die mir entgegen kamen, haben mit freundlichem Grüßen, Winken und Nicken ihrer Anerkennung Ausdruck verliehen.
An die Spinne, die handtellergroß über die Straße krabbelte, habe ich mich nicht näher ran getraut – um beweisen zu können – dass sie tatsächlich handtellergroß ist. Der Blick von ca. 1000 Fuß zeigt die Straße und den Kirk Creek Campground.
Auf jeden Fall war es ein gutes Gefühl oben anzukommen ohne Hilfsmittel in Anspruch nehmen zu müssen.

Oben war ich kurz versucht es doch über die Forststraßen auszuprobieren und entscheide mich dann den geteerten Straßen zu folgen. Es geht natürlich erst mal wieder runter entlang eines schönen Baches und durch kleine Eichenhaine. Dann wird die Landschaft immer eintöniger wird und verwandelt sich in eine hügelige Steppe mit braunem Gras und ab und zu Eichen. Irgendwann ist es dann nur noch braun und man passiert das Armeegelände Fort Hunter Liggett, welches völlig brach liegt, da es nur Militärzwecken dient. Dann kommt Farmland und dann tatsächlich auch ein bisschen Weinanbau. Die Orte sind fast nicht zu erkennen. Bei Jolon sehe ich kein Haus und bei Lockwood, gibt es, neben ein paar Farmen, dann wirklich einen winzigen Grocery Laden. Immerhin kann man sich nach 34 Meilen halbwegs versorgen. So geht es weiter bis zur 101. Alternativ hätte es die Möglichkeit gegeben auch zu den Seen Lake San Antonio oder Lake Nacimiento zu fahren und da in einem Ressort Unterkunft zu suchen. Aber nach Internet Recherche, Algen im See, Restaurant geschlossen, etc. war ich dann nicht mehr so begeistert und habe mich für den langweiligen Weg über den Freeway entschieden und ein Motel in San Miguel gebucht. In der Hochebene steigt die Temperatur auf fast 35 Grad und erfreulicherweise ziehen Wolken auf und so kühlt es auf 30 Grad ab.

Die Strecke ist mir schon sehr lang geworden, da es einfach stundenlang nur durch braunes Gras ging. Die Autos waren alle sehr rücksichtsvoll und haben einen weiten Bogen gemacht, denn es gab kaum Randstreifen aber dennoch fühlte ich mich dabei nicht sonderlich wohl. Zumal an der Straße nicht nur lebendige Eichhörnchen, Hirschkühe, die einfach nicht weg wollen oder eine handtellergroße Spinne zu sehen waren sondern auch Rehe, Schweine, Wildschweine, Vögel, die in unterschiedlichem Verwesungszustand am Straßenrand liegen.

Gerade in der Ausfahrt von San Miguel fühlt sich mein Hinterrad seltsam an und siehe da, der Reifen hatte kaum noch Luft. Ich versuchte nochmal aufzupumpen aber hoffnungslos. Somit musste ich den Schlauch wechseln. Im Mantel habe ich einen winzigen Dorn entdeckt, der sich durch gebohrt hat und den habe ich versucht beidseitig mit Pinzette (aus dem Waschbeutel) zu entfernen. Hoffentlich ist das gelungen.

San Miguel ist ein spanisch/mexikanisch geprägtes Städtchen mit Saloon, Tacos und Burritos und mein Motel, in dem ich mich ob meiner wenig sauberen Erscheinung nicht schämen muss, hat immerhin WiFi und eine ordentliche Dusche, liegt aber wieder direkt an der 101.

Als ich dann aus dem Hotel zum Restaurant gehe und im Saloon noch ein Bier trinke, kann ich erstmalig abends im kurzen Hemd laufen. Entweder ist das das Inland oder ich komme dann doch langsam Richtung Süden.

Von Big Sur nach Kirk Creek Campground

Heute begann die ganze Truppe um ca. 7:30 geschäftig ihr Frühstück vorzubereiten und ich packte meine Sachen und bin schließlich um 9h losgekommen. Insgesamt waren in Big Sur noch drei Kalifornier, Brandon, Joe und Vince, die mit Alltagsfahrrädern fahren und in einem schweren Kinderanhänger ihre Zelte transportierten. An Gianna und Kevin hat sich eine Weitere angeschlossen. Ich habe nach der Pfeifferbrücke dann erst einmal eine Frühstückspause eingelegt. Die nächste und einzige Möglichkeit auf der Strecke sonst noch was zu bekommen besteht in Lucia. Bis dahin gibt es 22 weitere Meilen nur Panoramen und Küste. Ab und zu sehe ich Delphine und einmal gelingt es mir auch zwei Wale vor die Kamera zu bekommen. Die drei Kalifornier habe ich schnell eingeholt und Gianna und Kevin und die Dritte treffe ich gerade noch in Lucia, wo sie sich langsam auf den Weg machen wollen. Mittlerweile sind wohl alle von der Idee abgekommen über die Erdrutsche klettern zu wollen. Alle, die man hier fragt, raten dringend davon ab. Zum einen sei kaum ein Durchkommen und zum anderen würde die Polizei patrouillieren und saftige Strafen verhängen. Es sieht also doch danach aus, dass wir über die Nacimiento-Fergusson Road müssen. Gianna, Kevin wollen es per Anhalter versuchen und da ich sie bislang nicht wiedergesehen habe, scheint es wohl geklappt zu haben. Die Kalifornier wollen das auch, aber erst am nächsten Tag.

Nach zwar nur 47 km und 770 Höhenmetern für die ich inklusive zwei langer Pausen und vieler Fotostopps 5 ½ Stunden gebraucht habe, lasse ich es langsam angehen. Wenn es dann über das Gebirge gehen muss, dann ist da morgen auch noch für Zeit. Zunächst gönne ich mir in dem winzigen Lucia noch ein zwar teures aber gutes Sandwich, bei traumhafter Aussicht und fülle dann meine Wasservorräte auf bzw. kaufe eine Flasche extra, denn bis zur 101 gibt es angeblich keine Versorgungsmöglichkeiten mehr und auf dem Campground soll es kein Wasser geben.

Ich bin nun an einem der schönsten Campgrounds bisher angekommen. Direkt über der Küste, zwischen Büschen und Hecken und auch im großzügigen Hiker & Biker Bereich ist angenehmer Rasenuntergrund, viel Platz und ganz viel Aussicht auf das Meer und die Küste. Einen Hike & Biker Platz gibt es wie auch in Big Sur für 5$.

Der Camp Host, eine junge Frau, ist sehr nett, kann ein bisschen deutsch, da sie die letzten Jahre am Starnberger See in einem Hotel gearbeitet hat. Ihr deutsch, sagt sie, versteht man leider in Berlin gar nicht, da sie es in Bayern gelernt hat und dann käme noch amerikanische Betonung dazu. Sie zeigt mir einen kleinen Weg, der entlang eines Baches zu einer Bucht mit malerischen Felsen führt und entlang des Bachs und unten an der Küste, gibt es kleine Wasserfälle mit Becken, die sich hervorragend zum waschen und duschen eignen, denn der Campground ist leider ohne Wasser und ohne Elektrizität.

In der kleinen Bucht und an den Wasserfallbecken ist es sehr entspannend. Erst kommt eine deutsche Familie, dann ein deutsches Pärchen und oben auf dem Platz sind dann auch noch einige. Die Frau an der Registrierung freut sich auch über soviel deutsches Publikum.

Nun ist kurz vor 18 Uhr, ich nutze die Zeit mit aufgeladenem Laptop ein paar Zeilen zu schreiben und dann gibt es wohl bald einen Sonnenuntergang, der natürlich fantastisch ist. Kaum ist die Sonne weg wird es auch schon so kalt, so dass man bald zwei Jacken braucht.

Ich lese noch ein bisschen und nehme das überzählige Bier, welches ich in den Packtaschen von Big Sur dabei hatte, in Angriff. Der Sternenhimmel ist so unglaublich klar, da es hier entlang der Küste einfach kein Licht gibt. Autos fahren auch nicht mehr, da ja die Straße kurz danach endet. Auch die anderen sitzen alle nur da und betrachten die Sterne.

Morgen wird dann ein Tag mit ziemlich großer sportlicher Herausforderung oder es nimmt mich auch jemand mit nach oben bis zum Highway 101.