Von Nantes nach Ancenis

In unserem kleinen Appartement „L‘Atelier Graslin“ frühstücken wir zunächst. Das Appartement im Erdgeschoss wurde auf ziemlich phantasievolle Weise renoviert, was zwar funktional und von der Einrichtung super passt, auch für unsere Räder gab es eine Ecke, aber die Waschbecken, Dusche und Toilette waren winzig.

Als erstes besuchen wir einen Radladen mit lauter edlen Rädern und einer Bar, bei dem wir gestern ein paar Schutzbleche entdeckt hatten, die vielleicht bei mir passen würden. Das Fahren bei Regen im Matsch ist ohne Schutzbleche doch eine ziemliche Sauerei. Er hat zwar welche, aber die passen nur für noch schmalere Räder bis 28mm Breite und ich fahre ja aktuell 32mm. Der freundliche Mann im Radladen hat mir noch ganz viel erklärt, aber leider habe ich nur wenig verstanden. Also geht es dann doch ohne weiter auf den relativ kurzen Weg nach Ancenis. Aus Nantes führen uns richtig große und gut asphaltierte, toll in den Verkehrsfluss integrierte Radwege aus der Stadt hinaus.

Ein letzter Blick auf die letzte Brücke von Nantes mit Radweg. Die tollen Radwege gehen noch lange so weiter. Irgendwann habe ich gerätselt, warum der Tourenvorschlag von Google so unterschiedlich gegenüber dem von Komoot war und vermute, dass die „Single-Trails“ vor Oudon durch die uns Komoot auf der linken Loire Seite (aus der Perspektive unserer Fahrtrichtung) führt, nicht bei Google-Maps im Plan sind. In Oudon machen wir eine kurze Pause und schauen uns das Schloss von außen an.

Eigentlich wäre die Strecke völlig flach, aber wir bauen ein paar Schwierigkeiten ein. Vom Komoot-Weg abweichend wechseln wir die Loire Seite und steuern den Panoramapunkt in Orée d’Anjou an und müssen ca. 50 Meter aufwärts klettern. Schon auf der Brücke bietet sich ein super Blick auf den Fluss. Oben angekommen werden wir mit diesem großartigen Panorama belohnt.

Wir bleiben auf der andern Loire Seite und fahren für die letzten 10 km auf kleinen Sträßchen, obwohl uns mein Mobiltelefon, diesmal von Google-Maps kommandiert, immer wieder auf grobe Schotterpisten führen will. Dabei sind die Straßen kaum befahren.

Trotzdem wir uns viel Zeit gelassen haben, sind wir bereits um 15h am Hotel und können auch gleich vorzeitig unser Zimmer beziehen. Diesmal ein schönes modernes Doppelzimmer mit einer eingebauten Küchenzeile. Unsere Räder finden in einem abgeschlossenen Käfig in der Tiefgarage Platz. Die ganze Fahrt über konnten unsere Regenklamotten in den Packtaschen bleiben. Kurz nachdem wir nun zu einem ersten Rundgang starten, beginnt es leicht zu tröpfeln. Nachdem wir ein paar Sachen geholt haben und wieder im Zimmer sind, regnet es richtig. Das Schloss passieren wir durch den Schlossgarten, es ist jetzt nicht gerade eine Wucht, eher runter gekommen, soll aber schöne Ausstellungen beherbergen.

Später kehren wir beim „La Table du Pêcheur“ ein und bekommen hervorragende Muscheln und Fisch. Danach ist die Sonne wieder da und wir können noch einmal die überschaubaren Sehenswürdigkeiten abgehen. Insbesondere der Dolmen aus der Jungsteinzeit am Ortsrand zur Hälfte im Teich versunken und die Brücke, über die wir gekommen sind, präsentieren sich im Abendlicht. Das Verteidigungssystem des Schlosses mit zwei massiven Türmen, die tief in den Grund eingemauert sind, gibt dem Schloss noch einmal eine interessante Note.

Ancenis ist sicher keine große Attraktion, aber gerade deshalb auch wieder ein sympathisch unaufgeregtes kleines Städtchen mit guter Infrastruktur und eine gute Zwischenstation.

42 km sind es geworden, die 179 Höhenmetern war nur am Anstieg zum Panoramaaussichtspunkt spürbar. Das Wetter war ideal. Leichte Bewölkung, 22 Grad und ein leichter Wind, der uns wieder meistens freundlich gesonnen war.

Von Saint Nazaire nach Nantes

Nachdem wir gestern viel Regen erlebt haben, freuen wir uns, dass der Himmel ganz passable aussieht, aber in dem Moment, in dem ich aus dem Appartement auf die Straße gehe, beginnt der Nieselregen. Auf dem Rückweg von der Boulangerie wird es heftiger, so dass meine Regenjacke gleich mal wieder nass ist, aber es trocknet alles wieder. Das Appartement schräg gegenüber vom Theater war komfortabel und groß genug, dass wir unsere Räder bequem unterbringen konnten.

Unsere erste Herausforderung heute ist allerdings von ganz anderer Natur. Nachdem wir wie üblich kurz nach 10h los kommen, führt uns der Weg ein Stück zurück (diesmal mit dem Wind im Rücken). Als nächstes müssen wir die Loire überqueren, die an dieser Stelle schon ein paar Kilometer breit ist. Dafür müssen wir über die Brücke „Pont de Saint-Nazaire“. Die ist 3,3 km lang und die Fahrbahnhöhe ist 67 Meter über dem Wasser. Der Randstreifen für die Radfahrer ist mit knapp einem Meter mal wieder sehr knapp bemessen und zunächst geht es mit 3% Steigung und recht starkem Wind nach oben. Je weiter wir nach oben kommen, umso stärker wird der Wind. Als mir eine Böe fast den Lenker verreißt, beschließen wir abzusteigen und zu schieben. Auch das ist kein Vergnügen, ich kontrolliere immer wieder, ob mein Helm hält. Trotz der unwirtlichen Bedingungen schaffen es einige Pflanzen sogar Sonnenblumen auf der Brücke heimisch zu werden.

Auf der andern Seite ist dann auch Platz für ein paar Fotos und wir lesen die verschiedenen Schilder „streng verboten für Fußgänger“ und „kostenlose Überquerung für Fahrräder“. Jetzt erschließt sich, für was der Kleinbus mit Anhänger für Fahrräder, der gerade eins aufmontierte, gedacht war. Na gut, so ging es auch, aber obwohl in Komoot dies immer wieder als Radfahrer-Highlight gelobt wurde, das muss man nicht unbedingt haben. Aber der Ausblick auf Saint Nazaire und ein letzter Blick auf den Atlantik war natürlich schon phänomenal von da oben.

Ab jetzt geht es weitgehend flach entlang der Loire mit Blick auf eine Reihe von Fischfang-Einrichtungen. Wir kommen durch einige kleine Orte, die verschiedene interessante Dekorationen haben. Das Wetter hält zunächst, aber irgendwann kommt dann doch wieder ein Regenschauer, aufgrund dessen wir unsere Regensachen anziehen. Nach 30 km machen wir Pause an einem Ausstellungshaus zur Gegend und Landschaft mit angeschlossenem Kiosk und hier treffen sich ganz viele Loire-Radweg Wanderer. Denn nun begegnen wir alle paar Minuten einer Gruppe, die uns entgegen kommt. Am Kiosk ziehen wir wieder alles aus, aber nachdem wir nur wenige hundert Meter gefahren sind, ziehen wir es wieder an und behalten die Regensachen, auch wenn sie nicht so bequem sind, bis Nantes an, denn es kommen immer wieder kleinere oder größere Schauer.

Wir merken vom Wind nur indirekt etwas, denn er schiebt uns, so dass wir lässig mit 24 km/h entlang gleiten. Die uns entgegen kommen, haben deutlich mehr zu kämpfen. Irgendwann will uns Komoot auf die andere Seite des Ufers führen und tatsächlich gibt es da eine relativ große Fähre, die Fußgänger, Radfahrer, Autos kostenlos rüber transportiert. Gegen 15h erreichen wir Nantes und unser Appartement, was schon für uns vorbereitet ist und wir direkt beziehen können.

Das Appartement liegt im Graslin Viertel nur unweit des Place Graslin mit dem gleichnamigen Theater und der Brasserie „La Cigalle“, die im 19. Jahrhundert eingeweiht wurde und eine ganz besondere Einrichtung hat. Grund genug für einen Café au Lait und einen Teller mit Schokoladen- und Zitronenkuchen. Über die Passage Pommeraye mit vielen eher exklusiven Geschäften und einer extravaganten Dekoration geht es weiter Richtung Zentrum.

Die Kathedrale ist großartig von außen, denn betreten darf man sie nicht. Im Jahr 2020 hat es gebrannt, Brandstiftung (3 Stellen gleichzeitig), die Orgel wurde zerstört und seither wird renoviert. Die Stadt ist voller Kunstwerke, die an verschiedenen Stellen in die historische Umgebung integriert sind. Da gäbe es dutzende Motive. Besonders eindrucksvoll und amüsant ist diese Gruppe mit griechischen Statuen.

Als nächstes kommen wir zum Schloß der „Herzöge der Bretagne“, welches im 15. Jahrhundert gebaut wurde mit dem Ziel, die Unabhängigkeit der Bretagne zu sichern. Etwa 100 Jahre später wurde dann allerdings die Bretagne per Heirat (Duchesse Anne, die es auch hier als Statue gibt) mit Frankreich vereinigt. Aber das Schloss gibt es immer noch. Die Besichtigung der Anlage, Innenhof, Befestigungsmauer etc. ist kostenfrei, aber es gibt auch noch einige Museen, für die wir natürlich keine Zeit haben.

Nachdem wir lange durch das lebhafte und malerische Stadtzentrum geschlendert sind, wollen wir noch auf die Insel „Île Beaulieu“, um die auch in der Brochure „Le Voyage à Nantes“ beworbenen „Les Machines de L‘Île“ zu sehen. Auf dem Weg machen wir eine kleine Pause, um unter Studenten ein Bier zu trinken. Blöderweise finden wir diesen Elefanten, der angeblich 50 Personen tragen kann, nicht, obwohl wir den Platz mehrfach abgelaufen haben. Stattdessen treffen wir eine „urban-fitness“ Gruppe, die auf dem Gelände geführtes Freiluft-Fitness-Training machen.

Das Kriegsschiff / Zerstörer, welches auf Wunsch General de Gaulles am Flussufer als Museum eingerichtet wurde, liegt uns gegenüber. Die Suche nach Essen führt uns in ein griechisch/türkisches Restaurant, was tatsächlich den Bewertungen stand hält, auch wenn mir die Bedienung immer eine ganze Flasche statt einer halben Flasche Restina bringen will. Im Gegensatz zu Saint Nazaire ist Nantes eine faszinierende Stadt, in der man auch ein paar Tage bleiben kann.

Wir waren heute 63 km auf dem Rad unterwegs. Die Etappe war mit 180 Höhenmetern sehr flach, davon sind allein 60 die Brücke. Der Wind war heute ausschließlich zu unseren Gunsten und das Wetter hätte auch schlimmer sein können.