Von Ponte di Legno nach Breno

Nach der Plackerei gestern habe ich beschlossen einen ruhigeren Tag einzulegen. Direkt nach Breno von Ponte di Legno von 1250 auf 320 Meter einfach immer dem Fiume Oglio folgen. Zunächst schau ich mir Ponte di Legno bei Tageslicht und fotografiere eine der vielen Holzbrücken über den Oglio.

Als ich die große Hauptverkehrsstraße sehe, überlege ich mir ob es da nicht noch einen besseren Weg gibt. In der Tat habe ich gleich den Radweg gefunden, der tatsächlich bis zum Po über Edolo bis Breno führt. Den Luxus auf dem Radweg fahren zu können kann sich allerdings nur erlauben, wer viel Zeit mit bringt und wen das ständige Auf und Ab sehr bissiger kurzer Anstiege nicht stört.

Bis Edolo ist der Weg sehr schön angelegt. Da das Tal bis dort aber auch sehr touristisch ist, teilt man ihn sich mit Joggern, Spaziergängern mit Hunden oder kleinen Kindern. Entsprechend vorsichtig und umsichtig muss man fahren.
Landschaftlich ist das toll, pittoreske Dörfer an den Hängen, der Fluss durch grüne Wiesen. Ab Edolo wird man zunächst auf Nebenstraßen geleitet. Irgendwann lässt die Qualität des Weges nach. Es gibt Passagen mit Schotter und teilweise sind Anstiege ganz plötzlich so steil, dass man nur mit Schieben hoch kommt, einmal muss ich sogar durch einen Bach schieben.

In Summe ist die Beschilderung sehr gut. Nur in Sellero haben sie sich wohl einen Spaß erlaubt, anstatt direkt durch die Ortsstraße zu führen, geht es über einen kleinen grasbewachsenen Weg und anschließend steht man im Nichts.

Da aus den Bergen ganz furchtbar der Donner grollt und mir erste Tropfen Sorgen machen, nehme ich zwischendurch die Straße, bis ich wieder auf dem Radweg lande. Ich komme um eine Regendusche herum. In Breno hat es kurz zuvor geregnet, die Wege sind nass. An Breno fahre ich auf dem Radweg erstmal vorbei, muss umkehren und bekomme so 3km mehr auf den Tacho und bin schon um14:30 nach 63 km und immerhin 550 Höhenmeter aufwärts im Hotel Giardino.

Durch fast konsequente Nutzung der Radwege komme ich heute fast überhaupt nicht mit dem Verkehr in Berührung.

Es bleibt also genügend Zeit für eine Ortsbesichtigung. Ich schaue mir die Altstadt an und gehe den steilen Weg hoch zur Burgruine.

Die mittelalterliche Stadt hat Flair aber man kann viele Häuser kaufen. Ein Cappuccino mit sechs Keksen kostet 3,10€ und das Hotel 40€. Preiswert und schön aber viele Geschäfte sind geschlossen, eine Mischung aus Lebhaftigkeit und Niedergang.

Von Trafoi nach Ponte di Legno

Nach zehn Stunden habe ich es geschafft und bin in Ponte di Legno nach nur 82 km und 2636 Höhenmeter angekommen. Mit Gepäck eine ziemliche Anstrengung.

Im Hotel Tannenheim habe ich hervorragend geschlafen, das Frühstück war gut aber man merkt, dass man langsam nach Italien kommt. Die Straße geht steil los und am Anfang komme ich überhaupt nicht in einen Rhythmus. Ich werde ständig überholt aber es gibt ein paar wenige, die auch nicht schneller sind. Ich muss über mein Gepäckkonzept nachdenken. Ab Berghotel Franzenshöhe komme ich dann langsam in einen Rhytmus, fahre aber sehr langsam und nach 44 Kehren habe ich dann tatsächlich das Stilfser Joch erreicht. Oben ist Jahrmarktstimmung mit Würstelbuden und Kiosken, hunderte Autos und noch mehr Motorradfahrer. Dementsprechend war der Verkehr auf den letzten Kilometern. Die engen Kehren führen dazu, dass Autos, Wohnmobile, Busse in der Innenseite auf die Gegenfahrbahn kommen, was natürlich erhebliches Gefährdungspotential bietet, zumal insbesondere einige Motorradfahrer risikomaximierend agieren.

Oben gibt es dann eine Wurst. Ich habe die Kühle unterschätzt und bekomme klamme Finger, was in der Abfahrt beim Bremsen eine erhebliche Beeinträchtigung darstellt. Es geht sensationelle Serpentinen von 2700 Meter auf 1200 Meter nach Bormio herab. Dort mache ich eine kleine Rast, fülle die Wasserflaschen und wage mich an den nächsten Pass.

Die Auffahrt zum Passo Gavia auf gut 2600 Meter gestaltet sich anfänglich wenig spektakulär. Es ist noch relativ viel Verkehr und die Straßen sind breit. Ab Santa Caterina im Valfurva, einem kleinen Skiort, der auch im Sommer einen angenehmen Eindruck macht, wird die Straße dann serpentinenreicher. Auf der Gegenseite des Tals gibt es riesige Wasserfälle, den ganzen Berg entlang. Leider ist die Steigung sehr unterschiedlich. Es geht mal etwas flacher und dann wieder steiler auf bis zu 12 Prozent. Langsam komme ich an meine Kraftgrenzen.

Kurz nach 17h habe ich endlich den Pass erreicht und wärme mich in der Bar erst einmal auf, trinke einen Tee und esse ein Snickers dazu. Dann ziehe ich alles an, was die Regenklamotten so hergeben. Es ist wolkig und ab und zu sprühen ein paar Tropfen aber im Großen und Ganzen hält es. Nur wollte ich diesmal für die steile Abfahrt über 17 km mit 1400 Höhenmeter gerüstet sein. Solche Serpentinen habe ich noch nie erlebt, so steil, dann ein fast vollständig dunkler Tunnel und dann wird die Straße immer schmaler. Volle Konzentration bzgl. der Fahrtlinie ist erforderlich. Die Straße ist so eng, das zwei Autos nicht aneinander vorbei kommen. Zwei Autos, die versucht haben aneinander vorbei zu kommen, habe ich passiert. Man ist also gut beraten in den nicht einsehbaren Kurven so langsam zu sein, dass man ganz rechts ist, um nicht auf einmal einem Auto oder Motorrad gegenüber zu stehen.

Ponte di Legno ist ein attraktives Örtchen. Hier fühlt man sich nun richtig in Italien, alle sind Richtung Dorfplatz unterwegs. Das Hotel Sorriso ist ok, hat zwar vier Sterne aber kommt an keines der Hotels dran, in denen ich auf dieser Reise bisher war. In der Fußgängerzone gibt es alle Arten von Gastronomie und der Empfehlung des Hotels folgend bekomme ich eine gute Pizza.Bei italienischem Programm im Fernsehen überlege ob ich morgen mal kürzer trete und keine Gewalttour mache.

Nachdem Debakel bzw. der schwierigen Fahrt über die Silvretta Hochalpenstraße hatte ich bzgl. der letzten beiden Etappen Schlimmstes befürchtet. Aber jetzt habe ich sie doch beide geschafft.